Europas Business Schools müssen sich mehr am Allgemeinwohl ausrichten

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Der 50. Jahrestag des zweijährigen MBA in Europa ist ein guter Anlass, um Bilanz zu ziehen

In den letzten Jahren haben eine Reihe von führenden europäischen Business Schools wichtige Meilensteine ​​in ihrer Geschichte gefeiert: In einigen Fällen ihren 50. Jahrestag und in anderen Fällen den 50. Jahrestag ihres Vollzeit-MBA-Programmes.

Blog 69_PictureBetrachtet man zum Beispiel die INSEAD in Frankreich, die London Business School in Großbritannien oder die IESE Business School in Spanien, so zeigt sich, dass jede von ihnen einen großen Einfluss auf ihre unmittelbaren Umgebung und die lokale Wirtschaft hatte, welche sich zum Teil erst von der durch den Zweite Weltkrieg  ausgelösten menschlichen und wirtschaftlichen Katastrophe erholen musste. Business Schools, welche in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren gegründet wurden, nahmen Schlüsselrollen beim Aufbau eines neuen und wohlhabenden Europa ein.

In den späten 1950er Jahren florierte die Wirtschaft in den USA und dank diverser wirtschaftlicher Programme wie etwa dem Marshall-Plan konnte der wirtschaftliche Wohlstand in Europa ausgebaut werden. Aber es war nicht nur die finanzielle Unterstützung, welche den europäischen Volkswirtschaften half. Auch neue Ideen im Bereich der Politik wie beispielsweise die Deregulierung, steuerliche Anreize, eine Schwerpunktsetzung auf das Management von Produktionstechniken und eine allgemein hohe Produktivität veränderten die Art und Weise, wie Geschäfte gemacht wurden.

In Europa betrachtete man das Business Management aber weiterhin als amateurhaft und war der Meinung, dass es professioneller umgesetzt werden muss. Man war sich der Notwendigkeit einer umfangreicheren Ausbildung sowie Weiterbildung bewusst und wollte mit ihr das Business Management auf einen Level bringen, der sich mit dem Level der Absolventinnen und Absolventen im Fachgebiet Rechnungswesen oder in der Gesetzgebung vergleichen lässt.

Weil ein solcher Prozess in den USA bereits im Gange in war, reisten in den späten 1950er Jahren verschiedene Gruppen von europäischen Wissenschaftlern und Geschäftsleuten in die Vereinigten Staaten, um dort die besten Praktiken der Wirtschaftsfortbildung zu erlernen. Fakultätsmitglieder aus der spanischen Business School IESE kontaktierten beispielsweise die Harvard Business School und baten die Professorinnen und Professoren ihnen dabei zu helfen, Europas erstes Zwei-Jahres-MBA-Programm zu entwickeln, welches im Jahr 1964 startete.

Seit den frühen 1960er Jahren trugen Tausende von Absolventinnen und Absolventen der europäischen Business Schools zum Wachstum Europas bei. Die Kenntnisse, Fähigkeiten und Ideen, welche sie an den Business Schools erwarben und hervorbrachten, veränderten das Wirtschaftsleben. Viele Unternehmen begannen damit, sich mit dem internationalen Wachstum zu befassen oder mit ausländischen Unternehmen zusammenzuarbeiten – ähnlich wie es die Business schon zuvor taten. Business Manager waren fest davon überzeugt, dass man auch außerhalb der nationalen Grenzen Geschäfte machen kann. Dieser internationale Ansatz war später einer der wichtigsten Merkmale der europäischen Business Schools,  welche die US Schools USA in Bezug auf ausländische Studierende sogar überholten, da über 80 Prozent ihrer Studentinnen und Studenten von außerhalb ihres Heimatlandes kamen. Schools wie zum Beispiel INSEAD zählten zu den ersten, welche den asiatischen Raum eroberten, indem sie im Jahr 2000 den ersten eigenen Campus in Singapur gründete.

Business Schools waren darüber hinaus eine treibende Kraft, wenn es um eine neue Denkweise ging:  die Einstellung „can-do“. Damals begannen Business Schools damit,  Entrepreneurship (Unternehmertum) zu lehren und das zu einer Zeit, als viele europäische Unternehmen noch stark reguliert oder öffentlich subventioniert waren. Einige Unternehmen konnten mit dem Wettbewerb und der Preisgestaltung nicht umgehen. Aber Business Schools halfen dabei, diese Herausforderung anzunehmen und zu bewältigen.

In den Entrepreneurship-Programmen lernte die nächste Generation an Führungskräften nicht nur, wie man Firmen aufbaut, sondern auch, wie man sie wettbewerbsorientiert führt. Sie wussten nach dem Studium außerdem, wie man ohne staatliche Eingriffe überlebt und durch die Gründung eines Unternehmens die Türen zu neuen Möglichkeiten öffnet. Dieser Sinneswandel unterstützte eine effiziente Weiterentwicklung im wirtschaftlichen Geschehen und förderte zudem das konstante Wachstum.

Nichtsdestotrotz hatte die betriebswirtschaftliche Ausbildung nicht immer nur positive Auswirkungen. Die Rezession in den 1970er Jahren und die „Große Rezession“ im Jahr 2008 haben Kritiker dazu geführt, Parallelen zwischen dem wachsenden Einfluss der betriebswirtschaftlichen Ausbildung und den verschiedenen Weltkrisen herzustellen. Und das nicht ganz zu Unrecht, denn längst nicht alle Ideen, die von Business Schools entwickelt wurden,  führten zu guten Ergebnissen.

Business Schools können von zentraler Bedeutung für die Wirtschaft sein – auf lokaler und globaler Ebene. Doch ihre hocheffiziente und tiefe Wirkung muss auch mit einem ethischen Blick auf die Wirtschaft und unter konstanten Berücksichtigung des Gemeinwohls betrachtet und bedacht werden. Ansonsten kann es passieren, dass die Management-Techniken, welche die Business Schools fördern, eine entmenschlichte Wirtschaft hervorbringen, welche ungebremst auf der Suche nach Gewinnen ist und deren Kurzfristigkeit zu schlechten Ergebnissen führen könnte.

Wir alle wissen, dass mit großer Macht große Verantwortung entsteht. Das gilt auch für die Rolle der Business Schools sowohl im Hinblick auf den wirtschaftlichen Wohlstand als auch auf mögliche Rezessionen. Business Schools sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und zwar für ihre unmittelbare Umgebung genauso wie für die lokale und die Weltwirtschaft.

Europa benötigt im Moment Zeit, um sich zu sortieren und sich im Bereich Wachstum und Wohlstand zu erholen. Die europäischen Business Schools sollten sich erneut als Spielmacher für die Zukunft ihrer Region beweisen. Das bedeutet jedoch auch, dass Business Schools, die sich ihrer entscheidenden Rolle bewusst sind,  Führungskräfte mit Kompetenz, Know-how, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit.

Die Inhalte aus dem Artikel entstammen einem Interview mit Franz Heukamp, dem Associate Dean der MBA-Studiengänge an der IESE Business School an der Universität von Navarra, welche derzeit den 50. Jahrestag ihres MBA-Programm feiert.

 

Text-Quelle: www.timeshighereducation.com

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