Bei einer MBA-Bewerbung haben es „Eigenbrötler“ oftmals schwer
Veröffentlicht am 24. Oktober 2018Wer sich bei einer School bewirbt, kann davon ausgehen, dass nicht nur die Testergebnisse zählen, sondern auch spezielle Soft Skills.
Nach wie vor gilt der Master of Business Administration, kurz MBA genannt, als wertvolle Eintrittskarte in die Führungsetagen und nach wie vor ist dieser Abschluss weltweit sehr begehrt. Kein Wunder, denn die Business Schools, die ihn verleihen, versprechen viel: Kompakt und praxisorientiert Management-Kompetenzen zu vermitteln, die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und berufliche Netzwerke zu knüpfen.
Wer den MBA-Titel erwerben und führen möchte, der muss meist viele Tausend Euro investieren, denn die weiterbildenden Masterstudiengänge an staatlichen wie privaten Hochschulen sind mit hohen Kosten verbunden. Eine große Hürde stellt zudem der Zugang dar: Renommierte Programme, die in den einschlägigen internationalen Rankings der Financial Times, von The Economist oder der Bloomberg Business Week gelistet sind, prüfen ihre Kandidatinnen und Kandidaten in herausfordernden Bewerbungsverfahren.
„Gute MBA-Programme leben nicht allein von der Qualität ihrer Lehrveranstaltungen. Fast ebenso wichtig sind die Zusammenarbeit und der Gedankenaustausch innerhalb der Studierendengruppe.“ Man achte darauf, dass die Bewerber entsprechende kommunikative Fähigkeiten mitbrächten, erklärt Ralf Bürkle, Marketing Direktor der Mannheim Business School. Sie ist Träger der sogenannten „Triple Crown“ und besitzt somit jeweils das Gütesiegel der drei führenden Akkreditierungsagenturen AACSB, EQUIS und AMBA. Deshalb gehen für die 50 bis 60 Plätze im MBA-Programm circa 400 Bewerbungen ein.
Auch die WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar kann sich auf mehrere Akkreditierungen verweisen. Gerold Gnau, Programmdirektor des zwölfmonatigen Full-Time-MBA, bestätigt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer handverlesen sind und das bereits vor dem Einreichen ihrer Unterlagen: „Wir beraten und begleiten unsere Kandidaten – manche einige Monate, manche bis zu drei oder vier Jahre lang. Dabei filtern wir die Leute heraus, die wir gerne im Klassenraum haben wollen.“ Wenn dann schließlich die Bewerbungen eingesandt würden, sei deren Qualität schon entsprechend hoch.
Im Dialog und in Essays sollen Aspiranten ihre besonderen Fähigkeiten herausstellen
Es macht also wenig Sinn, unter solchen Bedingungen Massenbewerbungen zu schreiben – schon rein aus finanziellen Gründen. Denn für beinahe alle Business Schools sind Bewerbungsgebühren von über 100 Euro fällig, welche im Fall einer Ablehnung nicht zurückgezahlt wird. Obendrein sind mit der Bewerbung diverse Vorleistungen verknüpft, die Zeit und Geldeinsatz erfordern: Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen beispielsweise mit dem Test of English as a Foreign Language (TOEFL) oder dem International English Language Testing System (IELTS) ihre Sprachkenntnisse bestätigen und bezahlen dafür mehr als 200 Euro an die Testinstitute. In vielen Fällen ist darüber hinaus der Graduate Management Admission Test (GMAT) abzulegen. Dieser fragt unter Zeitdruck verschiedenste mathematische Grundlagen sowie auch Sprachkenntnisse ab und erfordert neben einigem Training ebenso eine Testgebühr von 250 Dollar. Diese Zugangshürden sind aber keine Schikane und werden auch nicht so erlebt, sagt Gnau – ganz im Gegenteil: „Gute Bewerber, die nach qualitativ hochwertigen Programmen suchen, schauen nach Schulen, die den GMAT voraussetzen.“
Diese Schools prüfen nicht nur die formalen Leistungsnachweise in Form von Hochschul- und Arbeitszeugnis, Lebenslauf und Referenzschreiben. Sie sind auf der Suche nach Menschen, welche genau wissen, was sie zu bieten haben. Hat die Bewerberin oder der Bewerber gute Kenntnisse des osteuropäischen Marktes oder ein gutes Netzwerk in seiner Branche? Was trägt er zu einer Arbeitsgruppe mit einem Banker aus Norwegen, einer Chemikerin aus Brasilien und einer Marketing-Spezialistin aus Singapur bei? All diese Kriterien sollen die Kandidatinnen und Kandidaten in ihren Bewerbungsformularen, Essays oder Motivationsschreiben darlegen.
Die Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technologie (MIT), eine der zehn besten Adressen in den USA, erkundigt sich sogar nach einem Organigramm des Unternehmens, in welchem der die Bewerberin/der Bewerber aktuell tätig ist. Auf diese Weise könne die Auswahlkommission besser beurteilen, auf welcher Hierarchieebene die Studentin/der Student steht.
Dieses Verfahren hält Ralf Bürkle von der Mannheim Business School für sehr sinnvoll. „Wir erwarten außerdem, dass jemand eine klare Vorstellung davon hat, was er mit dem MBA anfangen will, und warum er bei uns studieren will“, sagt er. „Mannheim steht im Ranking so gut da“ – das dürfe nicht das alleinige Argument sein. Was man an dieser Schule auch noch wissen möchte: Wo sieht sich ein Bewerber realistisch betrachtet in fünf Jahren? Reizen ihn am Studium die internationalen Module im Ausland oder das Coaching zu Führungsqualitäten? Wer hier vernünftig argumentieren will, muss Zeit in die Selbstreflexion und die Vorrecherche stecken, etwa durch Gespräche mit Alumni oder einen Schnuppertag auf dem Campus. Weil ein MBA-Studium eine umfangreiche Investition in Bezug auf Zeit und Geld darstellt, erwarten einige Schulen außerdem, dass die Bewerberinnen und Bewerber sich über diese Belastung Gedanken gemacht haben. Kann ein Familienvater es sich leisten, für einen Karriere-Boost ein Jahr lang aus dem Job auszusteigen? Steht die Finanzierung? Oder wäre ein berufsbegleitender Part-Time-MBA nicht doch die sinnvollere Alternative?
Nicht zuletzt spielt neben der Qualifikation und realistischen Einschätzung der individuellen Möglichkeiten auch die Persönlichkeit der Kandidatinnen und Kandidaten eine Rolle. „Wenn wir feststellen, dass jemand absolut nicht teamfähig ist, dann lehnen wir auch einen 1,0-Absolventen ab“, sagt Ralf Bürkle. Ein persönliches Interview gehört zum Standard für den Bewerbungsprozess an Business Schools. In Mannheim sind es für den Full-Time-MBA sogar zwei Termine, in denen die Kandidatinnen und Kandidaten auch mit ihren sozialen Fähigkeiten überzeugen müssen. Denn bewundernswerte Leistungsträger, mit denen am Abend niemand gerne ein Bier trinken gehen möchte, schaden dem Unterrichtsklima. Und so passen auch stille Eigenbrötler nicht in ein Lehrkonzept, welches in Multi-Kompetenz-Teams die Lösung von Problemen anstrebt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Anforderungen der jeweiligen Unternehmen. Die Financial Times hat 72 von ihnen dazu befragt, welche Fähigkeiten sie von ihren MBA-Absolventinnen und -Absolventen erwarten. Soft Skills wurden dabei am häufigsten genannt und im Speziellen folgende: Zusammenarbeit im Team mit unterschiedlichen Menschen, die Lösung umfassender Probleme, der Auf- und Ausbau von Netzwerken sowie das Zeitmanagement und das Setzen von Prioritäten. „Es ist also kein Zufall, dass wir die Soft Skills so hoch bewerten“, sagt Gerold Gnau. „Die Ansprüche der Arbeitgeber sollten auch ein Maßstab für die Schulen sein, die einen MBA anbieten.“
Text-Quelle: www.sueddeutsche.de (Autorin: Von Alexandra Straush)
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